Was sind schon 28 Jahre?

Der Anfang


Ende der 1970er Jahre - ich war noch Student in Darmstadt - erhielt ich von einem Freund den Auftrag, bei der GLAS-Vertretung Melk in Griesheim bei Darmstadt nach Zierteilen für ein GLAS GT Cabrio zu fragen. Melk war mittlerweile zur BMW-Vertretung mutiert, hatte aber immer noch einen GLAS 1304 CL als Servicewagen im Einsatz. Zu Beginn meines Studiums gab es in meinem Viertel fünf GLAS V8, aber jetzt waren sie verschwunden. So fragte ich den Lageristen nebenbei, ob es noch einen Kunden mit GLAS V8 gäbe. „Bis vor kurzem ja, der Kunde hat aber sein Auto mit Kupplungsschaden abgestellt", war seine Antwort. Außerdem erfuhr ich noch, dass der Kunde nicht am Ort sondern in Groß-Gerau wohnte.
Etwa zwei Jahre später hatte ich selbst ein GLAS GT Cabrio und ich holte mir von Melk noch einmal diverse Zierteile mit Frua-Schriftzug. Ich setzte das damalige Gespräch fort und erhielt eine vage Beschreibung, wer der Besitzer des letzten V8 ist. Er heißt Schaffner, wohnt in Groß-Gerau und stellt Zigarettenautomaten auf. Nun wollte ich doch noch genauer wissen, was aus dem Auto geworden war.
Im Telefonbuch von Groß-Gerau gab es gleich eine ganze Seite mit dem Namen „Schaffner". Damals, mittlerweile 1981, wurde aber noch ein Anrufbeantworter mit einem „Q" vor dem Namen gekennzeichnet. Und nur ein Name war mit einem solchen Zeichen versehen. Ich kombinierte: das muss er sein.
Erster Kontakt
Am Telefon meldete sich eine Frau, die meine Frage, ob sie einen GLAS V8 besessen hätten, bejahte. Ich fragte, ob es noch Fotos von diesem Auto gäbe, und sie muss wohl verstanden haben, ob ich das Auto fotografieren könnte: „Ach, der ist so verstaubt in der Garage." „Ich bringe Staubtuch und Handfeger mit!" „Da müssen Sie mit meinem Mann reden!"
Herr Schaffner lud mich zu einem Besuch ein. Mittlerweile fuhr er einen Audi 100. Eigentlich war er Opel-Kunde, hatte sich aber über diese Firma so geärgert, dass er beim Besuch der IAA in Frankfurt gleich dort einen GLAS V8 bestellt hatte.
Ich nahm den GLAS-erfahrenen Freund mit nach Groß-Gerau und schließlich standen wir vor dem V8, der auf einem Garagenhof in einer torlosen Eckgarage überlebt hatte. Der V8 war für Herrn Schaffner ein echter Lustkauf! Deshalb konnte er sich auch nicht von diesem Auto trennen, obwohl defekt und mit Rost befallen. Als dann von uns der Spitzname „Glaserati" fiel, meinte Herr Schaffner: „Bei Ihnen ist das Auto in guten Händen, ich schenke ihn Ihnen!" Ich war so überrascht, dass ich mir Bedenkzeit für eine Woche ausbat. Ich wollte den guten Mann ja auch nicht überrumpeln.
Als ich dann wieder anrief, fragte Herr Schaffner sofort, wann ich denn das Auto holen komme. Da wusste ich, es ist ernst gemeint. Eine Woche später holten wir den GLAS aus der Garage und schleppten ihn mit meinem Opel Manta A etwa 40 Kilometer zu einer Scheune. Das war am 22. August 1981!
„Kurze" Wartezeit
 Der GLAS V8 1990 bei seinem letzten Umzug von Scheune zu ScheuneNach einer kurzen Wartezeit in diversen Scheunen geht die Geschichte 2009 weiter. Was sind schon 28 Jahre? Mein Opel Caravan hatte auch 14 Jahre abgestellt in der Scheune zugebracht und sollte wieder flott gemacht werden. Meine eigenen Knochen haben leider etwas unter der Zeit gelitten (Gicht, Arthrose etc.) und da habe ich professionelle Hilfe geholt für den Opel. Dies war die Fa. Rehberger in Eching, die sich seit über 50 Jahren mit Oldtimern beschäftigt und seit einigen Jahren in Eching am Ammersee eine Restaurierungswerkstatt betreibt.
Beim Aufräumen in der Scheune fiel der GLAS V8 auf - vielleicht hat er zu laut gegrunzt oder so - jedenfalls wurde ich gefragt, ob der V8 auch gleich mitgenommen werden sollte. Ich habe einfach „ja" gesagt. Damit begann am 7. August 2009 die Restaurierung, von der ich berichten will.


Zustandssicherung
Zusammen mit dem Opel Caravan wurde der GLAS V8 geborgen und auf dem Hof der Firma Rehberger zunächst einmal vom Dreck befreit. Die Federbeine hinten haben mittlerweile ihre Funktion völlig eingestellt, wie zu sehen ist.
Im Jahr 2010 begann die Ist-Aufnahme und Dokumentation mit der Kamera:


                  

Durchrostungen an den A-Säulen

         an den Schwellern

Radhaus vorn links              Radhaus von innen

Wagenboden links              Türunterkante von innen

Motorraum mit alter Batterie              Türunterkante links außen

Kotflügel links              Kotflügel rechts

Bremsanlage              verrottete Auspuffanlage

viel Spachtelmasse              Dachhimmelschaumstoff krümelig

Marderbisse              verbrauchte Gummiteile

Motor mit Frostschaden, defekte Anbauteile              abgerissene Stege der Laufbüchsen

Bei der Zerlegung des Fahrzeugs gab es nur Probleme beim Motor. Der V8 war mit einem Tauschmotor, der nur von August 1974 bis Januar 1975 im Einsatz war, abgestellt. Ich nehme an, beim Motortausch wurde kein oder zu wenig Frostschutz eingefüllt, von acht Zylinderlaufbüchsen waren bei sechs die Stege zum Mantel abgerissen. Beim Auseinanderbau ging ein Kolben verloren, er war nicht mehr zu lösen. Die Ursache für die Stilllegung war aber nach Schilderung des Vorbesitzers die verbrauchte Kupplung. Beim Auseinanderbau stellte sich Totalschaden beim Kupplungsautomaten heraus.

Gammel überall              verbrauchte Kupplung